Die Suche nach einem Mentor

May 28 / Islamicmentors
Die Gemeinschaft besitzt im Islam einen hohen Stellenwert. Der Mensch ist ein soziales Wesen, sein ganzes Leben ist von Gemeinschaften geprägt. Dabei kann ein Mensch mehreren davon angehören: Am Arbeitsplatz gehört er etwa einer Gemeinschaft von Kollegen oder einem Team an. In der Schule oder Universität gibt es Lerngruppen, Klassen, Schulgemeinschaften. Auch im privaten Leben gehört man Gemeinschaften wie einer Familie, Freundeskreisen und Vereinen an. Als religiöser Mensch ist man außerdem Teil einer Religionsgemeinschaft. In diesem Artikel soll die Wichtigkeit der muslimischen Gemeinschaft, insbesondere für neupraktizierende Muslime, dargestellt und erläutert werden.

Die Wichtigkeit der muslimischen Gemeinschaft

Ein muslimischer Freundeskreis und das Umgeben mit rechtschaffenden, praktizierenden Muslimen wirkt sich positiv auf den eigenen Glauben aus. So sagte der Prophet, Friede sei mit ihm, in einem von Tirmidhi überlieferten Hadith:
„Man hat die Religion seines engsten Freundes, so soll jeder von euch schauen, wen er sich zum Freund nimmt“.
Freunde und nahestehende Personen sind in der Lage, einen Menschen mehr zu beeinflussen, als man es selbst merkt. So erinnern einen muslimische Freunde etwa an das Gebet oder an das Gedenken Allahs morgens und abends. Die Gruppe kommt manchmal auf Vorträge zu sprechen, die einer von ihnen gesehen hat, oder jemand erzählt, welche neuen Dinge über den Islam er in der letzten Zeit gelernt hat. So motivieren sich rechtschaffende Freunde gegenseitig zum Guten, und die Freundschaft ist eine, die dem Muslim im Diesseits und im Jenseits Nutzen bringt.
Im Gegensatz dazu kann es passieren, dass der Umgang mit Menschen, welche nicht nach den Gesetzen Allahs, des Erhabenen, leben, einen selbst auch dazu bringt, mit der Religion nachlässiger zu werden. So fühlt man sich als einzig betende Person vielleicht, als ob man die anderen in einer Gruppe durch das Gebet aufhalten würde. Das führt dazu, dass man es verzögert oder sogar komplett unterlässt. Auch gibt es in solchen Gruppen nicht die ständige Erinnerung an den Islam, da sich die Mitglieder damit nicht genug oder gar nicht beschäftigen.
Es ist jedoch auch keine Lösung, sich komplett von der Gemeinschaft fernzuhalten und zu versuchen, den Islam alleine für sich zu praktizieren. So wird von Ahmad bin Hanbal im Musnad überliefert, dass der Prophet, Friede sei mit ihm, sagte:
„Wer die höchste Stufe im Paradies erreichen möchte, der soll mit der Gemeinde sein. Denn wer allein ist, dem nähert sich der Satan eher, als jenen, die zu mehreren sind.“
Ein einzelner Gläubiger ist also angreifbarer und schwächer, als wie wenn er sich in einer Gruppe befinden würde. In diesem Zusammenhang überliefert Abu Dawud auch die Aussage des Propheten, Friede sei mit ihm, dass der Satan sich deren ermächtigt, die sich von der Gemeinschaft der Muslime entfernen. Dabei nennt er das Beispiel eines Wolfes, welcher nicht die Schafherde angreift, sondern nur diejenigen Schafe, die sich von der Herde entfernt haben. Und Allah, der Erhabene, sagt dazu im Koran:
„Und Haltet alle gemeinsam fest am Seile Allahs.“ (3:103)
Die Gelehrten sagen, dass mit dem Seil Allahs der Koran und die Sunna des Propheten, Friede sei mit ihm, gemeint ist. Es fällt auf, dass in dem Vers ein Fokus auf die Gemeinsamkeit beim Festhalten an diesem Seil gelegt wird. Dies kann bedeuten, dass der gerade Weg einfacher und richtiger in der Gemeinschaft zu beschreiten ist. In jedem Fall bedeutet es, dass Allah, der Erhabene, den Menschen die muslimische Gemeinschaft ans Herz legt.

Warum besonders neue Muslime die Gemeinschaft brauchen

Gerade für Muslime, die neu konvertiert sind oder neu angefangen haben, ihren Glauben zu praktizieren, ist die Eingliederung in die Gemeinschaft besonders wichtig. Dazu sollten zunächst Kontakte zu anderen praktizierenden Muslimen geknüpft werden, was am besten in einer Moschee oder durch andere, muslimische Freunde geschieht.
Es gibt verschiedene Gründe, weshalb neue Muslime die Gemeinschaft besonders nötig haben.

Das Erlernen der Religion

Neue Muslime müssen zunächst die Religion erlernen und ein solides Verständnis darin erlangen. Dabei unterstützt ein praktizierendes Umfeld, da es einen an die Pflichten erinnert und dem neuen Muslim viele Dinge erklären kann. Außerdem sind gefestigte Muslime eher in der Lage, verschiedene sektenartige Gruppen zu erkennen und können so verhindern, dass ihre neu konvertierten Geschwister sich diesen zuwenden. Allah, der Erhabene, sagt im Koran:
„Wenn du auf die meisten Menschen der Erde hören würdest, würden sie dich irreführen und von Gottes Weg abbringen, denn sie gehen nur nach Mutmaßungen vor und stellen Vermutungen an, ohne Beweise.“ (6:116)
Die Verführungen, sich vom Weg des Islams abzuwenden, waren und sind auch heute sehr groß und können den neuen Muslim überwältigen. Dagegen hilft nur das tiefgründige Wissen über die Religion. Dieses ist jedoch nicht ausschließlich über Bücher, Audio- und Videovorträge zu erlangen. Zunächst einmal braucht der neue Muslim Informationen, von wo er sein Wissen beziehen kann. Diese erhält er am besten in der islamischen Gemeinschaft. Dazu lebt ihm diese das Wesen des Islams vor und vermittelt ihm ein richtiges Islamverständnis, so dass er nicht falschen Gruppierungen zum Opfer fällt.

Standhaftigkeit bei Prüfungen

Ein weiterer Punkt ist, dass der neue Muslim besonders geprüft wird und damit seine Standhaftigkeit auf die Probe gestellt wird. In Europa, aber auch an anderen Orten der Welt wurde der Islam durch die Medien und durch extremistische Gruppen in den letzten Jahren in ein schlechtes Licht gerückt. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn das Umfeld auf das Annehmen des Islams im ersten Moment negativ reagiert. Besonders Eltern machen sich oft Sorgen um ihre Kinder, da sie mit dem Islam nur die negativen Schlagzeilen verbinden. Möglicherweise reden sie auf den neuen Muslim ein, er solle seine Entscheidung überdenken oder beleidigen ihn sogar. Es ist jedoch wichtig, besonders der Familie mit viel Geduld zu begegnen und zu versuchen, ihre Sorgen nachzuvollziehen. Dennoch kann es extrem belastend sein, wenn auf einen immer wieder eingeredet wird, den Islam zu verlassen oder sogar über dieses Thema gestritten wird. Hier ist es notwendig, jemanden zu haben, der diese Probleme nachvollziehen kann oder zumindest dieselbe Ansicht teilt. Dies kann den neuen Muslim stärken, weiterhin an der Religion festzuhalten und die Prüfungen standhaft zu durchstehen. Die Isolierung von anderen Muslimen schwächt den Konvertierten, was entweder dazu führt, dass er nach einiger Zeit wieder von der Wahrheit abfällt und sein Leben wie vor dem Islam weiterführt, oder aber er nie ein wirklich praktizierender Muslim wird. Es fällt ohne Unterstützung sehr schwer, dem Druck des Umfelds standzuhalten. Daher verglich der Prophet, Friede sei mit ihm, in einem von al-Bukhari und Muslim überlieferten Hadith die Gemeinschaft der Gläubigen mit einem Mauerwerk, in dem ein Teil den anderen festhält. Das bedeutet, ist ein Gläubiger schwach, und dies ist besonders zu Beginn des Praktizierens der Fall, dann benötigt es ein Mauerwerk an anderen Gläubigen um ihn herum, das ihn auffängt und auf dem richtigen Weg hält.

Das Verrichten guter Taten

Ein weiterer Punkt, warum neue Muslime besonders abhängig von einer praktizierenden Gemeinschaft sind, ist, da sie zum Verrichten guter Taten anspornt. Zu Beginn ist bei den meisten Konvertierten die Motivation, Gutes in der Religion zu tun, besonders hoch. Oftmals wissen sie aber nicht genau, mit was sie anfangen können, wie sie es umsetzen oder benötigen einfach Tipps, an wen sie sich am besten wenden. Ein islamisches Umfeld kann unterstützen, indem es Stellen vorschlägt, an die der neue Muslim spenden kann, ihm das Gemeinschaftsgebet erklärt oder bei anderen Fragen über die Religion zur Seite steht. Die Gemeinschaft der Muslime kann bewusst oder unbewusst dazu animieren, Gutes zu tun.
Kontakte zu praktizierenden Muslimen zu pflegen, hilft nicht nur, standhaft zu bleiben oder Neues über die Religion zu lernen. Mit der richtigen Absicht wird das Pflegen dieser Kontakte selbst zum Gottesdienst und damit zu einer guten Tat, die Allah belohnt.
In einem Hadith erklärte der Prophet, Friede sei mit ihm, die Wichtigkeit, seine muslimischen Geschwister zu besuchen: 
„Ein Gläubiger ist einmal zu einem anderen Gläubigen gegangen, um ihn zu besuchen. Er war auf dem Weg, dann hat Allah zu ihm einen Engel in Menschengestalt geschickt. Er sagte ihm: „Wohin?”, Er sagte: „Ich gehe zu einem Bruder, um ihn zu besuchen.” Dann fragte der Engel: „Hast du etwas bei ihm?” Er sagte: „Nein, ich gehe ihn besuchen, weil ich ihn für Allah liebe.” Daraufhin offenbarte sich der Engel und sagte: „Ich bin ein Engel, den Allah zu dir gesandt hat, sodass ich dir diese Botschaft gebe: Allah liebt dich dafür, dass du deinen Bruder liebst und ihn besuchst.” (al-Bukhari) 
Alleine, wenn man seine Geschwister im Islam besucht, ist dies also ein Grund dafür, dass Allah einen Menschen liebt. Dabei sollte man andere Muslime je nach Situation auch unterstützen und ihre Lage verbessern. Die Liebe und Zuneigung zwischen den Muslimen ist ein Teil der Religion des Islams, deswegen auch der folgende Hadith:
„Ihr werdet das Paradies nicht betreten, ehe ihr gläubig seid und ihr werdet nicht gläubig sein, ehe ihr euch gegenseitig liebt.“ (Muslim, Tirmidhi)
Dies bedeutet allerdings nicht, dass der neu konvertierte die Kontakte zu seiner nichtmuslimischen Familie und seinen Freunden abbrechen sollte. Auch das Pflegen dieser Bande ist eine gute Tat und sollte beibehalten werden. Dennoch sind muslimische Freunde von besonderer Wichtigkeit, eben weil der Muslim auch diese Gemeinschaft braucht, um sich weiterzuentwickeln.

Wie man die Gemeinschaft findet

In der Sira, der Biografie des Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm, zeigt sich, wie wichtig der Ausbau der muslimischen Gemeinschaft schon immer war. Nach der Hidschra, also der Auswanderung nach Medina, war das Erste, was der Prophet, Friede sei mit ihm, tat, einen Streit zwischen zwei Stämmen zu schlichten und eine Moschee zu bauen. Obwohl es sich um den Beginn eines neuen Staates handelte, die Muslime schwach waren und viele Feinde um sich hatten, wurde nicht als erstes eine Armee zusammengestellt oder neue Gesetze und Steuern erlassen. Anstatt dessen wurden die Menschen zunächst miteinander verbunden und durch den Bau einer Moschee wurde ihnen die Möglichkeit gegeben, eine Gemeinschaft zu werden und diese zu stärken. Außerdem wurde durch die Moschee und die regelmäßigen Treffen dort die Unwissenheit der Muslime weniger, da dies eine Form der Wissensvermittlung darstellte.
Moscheen sind auch heute ein guter Anlaufpunkt für neue Muslime, die den Anschluss an die Gemeinschaft suchen. Bei Menschen, die nicht sehr aufgeschlossen und kommunikativ sind, ist das Besuchen einer Moschee vielleicht ein Punkt, der großen Mut erfordert. Doch in den Moscheen lernt man nicht nur neue Menschen kennen, sie bieten oftmals auch Unterrichte an, welche bei den ersten Schritten im Islam weiterhelfen können.
In den meisten Fällen freuen sich die Moscheen, eine neu konvertierte oder neu praktizierende Person willkommen zu heißen. Es besteht die Möglichkeit, bei einem Imam oder Vorstand die eigene Situation zu erklären, Fragen zu stellen oder sogar einen Mentor zu suchen. Dieser ist in der ersten Zeit sehr hilfreich, da er einen neuen Muslim begleitet und ihm seine Fragen, die am Anfang zahlreich sind und alle Themengebiete betreffen, beantworten kann.
Stellt man sich selbst in der Gemeinde vor, lernt man schneller Leute kennen. Die Bereitschaft, neuen Muslimen zu helfen, ist oft sehr hoch, da die Menschen sich darüber bewusst sind, wie wertvoll diese Tat ist und wie wichtig das Aufrechterhalten der Gemeinschaft ist.
Sollten dennoch einmal negative Reaktionen vonseiten der Muslime aufkommen, so gilt es nicht zu verzagen. Es ist wichtig, sich immer zu erinnern, dass Muslime auch nur Menschen sind und Fehler machen oder schlechte Charaktereigenschaften besitzen können.
Neue Muslime in ländlichen Gebieten, wo es weniger Muslime und Moscheen gibt, können es etwas schwerer haben, Anschluss zu finden. Bei Schwierigkeiten, egal wie sie auch aussehen mögen, sollte man immer Allah im Bittgebet um Besserung bitten. Am Ende bestimmt Er den weiteren Verlauf eines Lebens und welche Personen einen Teil davon darstellen.
Sollte es jemand sehr schwerfallen, so besteht auch die Möglichkeit, über Islamictutors mit anderen ins Gespräch zu kommen oder über die Mentoren andere Muslime zu finden.